Rechtsradikal - mangels Alternative
In Staatskanzlei und Ministerien herrscht Hektik. Um Arbeit geht es dabei nicht. Vielmehr um die Suche nach Absicherung des Arbeitsplatzes, sollte Brandenburgs Regierung bei den Landtagswahlen am 22. September 2024 abgestraft werden und nicht so wie bisher wirken können. Minister und Abgeordnete versuchen, die von ihnen in den letzten fünf Jahren in Tätigkeit gebrachten Personen irgendwie unterzubringen. Neue Stellen werden geschaffen, auch wenn sie nicht benötigt werden. Bestehende Stellen erhalten neue Profile und werden auf die für sie vorgesehenen Personen zugeschnitten, auch wenn die Personen dafür nicht die entsprechende fachliche Eignung vorweisen können.
Wenige Monate vor der Landtagswahl taucht Ministerpräsident Dietmar Woidke auf einmal aus der Versenkung auf. Ein öffentlichkeitswirksamer Termin folgt dem anderen, artig von den Medien dokumentiert und dem Wahlvolk passend präsentiert.
Ziel: Nachzuweisen, dass Brandenburg ohne einen Ministerpräsidenten Woidke und ohne eine starke SPD dem Untergang geweiht wäre.
Am 25. April 2024 zog Ministerpräsident Woidke (SPD) im Landtag Zwischenbilanz seiner Regierungstätigkeit. Selbstverständlich eine positive. Seine aktuelle Regierung war die erfolgreichste in der Geschichte des Landes Brandenburg. Er bedankte sich bei den Fraktionen Die Linke und BVB/Freie Wähler für die konstruktive Oppositionsarbeit in der zu Ende gehenden Legislatur. Die AfD-Fraktion war selbstverständlich der größte Störenfried, und nicht einer Beachtung würdig.
Keine Beachtung fanden aber auch die von Woidke gewürdigten Oppositionsfraktionen. So sagte er kein Wort darüber, warum fast alle von Die Linke und BVB/Freie Wähler eingebrachten Anträge von seiner Koalition sofort abgelehnt wurden bzw. nach einer Überweisung in die Ausschüsse verschwanden. AfD-Anträge, auch wenn sie ein konstruktives Anliegen vertraten, waren per se nicht erwähnungswert.
Ein normaler Mensch, der sich während der Legislaturperiode zumutete, Landtagssitzungen anzusehen, wunderte sich, wie der Ministerpräsident zu folgender Äußerung kam.
Denn das ist der Weg, den wir brauchen für unser Land:
Kritische Auseinandersetzung, gemeinsam gute Wege finden und am Ende gute Entscheidungen treffen. Und dafür steht die Regierungskoalition und dafür steht auch die demokratische Opposition dieses Hauses.Von Gemeinsamkeit war in Bezug auf die "demokratische Opposition" seitens der Koalitionsparteien zu keiner Zeit etwas zu vernehmen. Im Gegenteil! So wie der Ministerpräsident am 25. April auftrat, von oben herab und belehrend sowie keinerlei Kritik zulassend, verhielten sich die Koalitionsparteien in der gesamten Legislaturperiode.
Und so wurden sie von den nach- bzw. mitdenkenden Menschen im Land auch wahrgenommen. Kein Verständnis haben sie dafür, dass die aktuelle Regierungstäigkeit nicht in eine Gesamtbilanz von 34 Jahren SPD-Führung im Land Brandenburg eingeordnet wurde. Kein Verständnis haben sie dafür, dass CDU und Linke nicht ein einziges Mal darauf verwiesen, dass es vor TESLA schon andere "gewaltige" Unternehmensansiedlungen in Brandenburg gab. Die sich spätestens nach Auslaufen der Förderperiode in Luft auflösten. Kein Wort über die Fehlentscheidungen unter SPD-Führung, mit denen im Land Milliarden von Steuergeldern regelrecht durch den Schornstein gejagt wurden. Wie viele Luftschlösser wurden der Wählerschaft schon offeriert und mit ihren Steuergeldern finanziert? Wie viele Untersuchungsausschüsse gab es, die alle Geld kosteten, aber nicht nachhaltig waren?
Sehr viele Politiker haben nur ihre Karriere im Blick und wollen deshalb nicht gestalten, sondern nur verwalten. Sie denken nicht mehr: "Ich möchte da hin, weil ich das für richtig halte." Sie kommunizieren nicht mehr, weil sie vielleicht selber nicht mehr an ihre Politikinhalte glauben.
(Interview mit Marina Weisband, LR v. 30.04.2024, S. 4)Die Menschen haben die Belehrungen satt, die Halbwahrheiten und Lügen, das Weglassen von Fehlentscheidungen und sich herauswinden aus der Verantwortung. Sie haben eine Politik und Politiker satt, die sich nur an Legislaturperioden orientieren und nicht willens sind, das politische System so umzugestalten, dass es bestehende Probleme. wie z.B. in der Bildung oder die Klimakrise, grundsätzlich löst und nicht nur mit für eine Legislaturperiode gültigen Teillösungen.
Die Politikverdrossenheit hat zugenommen. Das wird durch das gesamte politische Spektrum anerkannt. Das Gefühl hat zugenommen, mit seinen "Anliegen von der Politik nicht gesehen zu werden und nicht Teil des politischen Betriebes zu sein". Die Folge ist die Suche nach Alternativen. Doch die gab es in Deutschland nur in den Jahren der Spaltung des Landes. Ansonsten wandten sich die Menschen nach 1918, waren sie mit dem bestehenden System nicht zufrieden, radikalen Kräften. Vor 1933 linken und rechten. Seit Kriegsende vor allem rechten und rechtsradikalen Parteien und Gruppierungen. Links von der Mitte stehende Parteien und Gruppierungen wurden in der BRD erfolgreich aus der Politik verdrängt. Ausnahme: PDS und Die Linke. Doch diese haben sich aktuell selbst aus dem Politikbetrieb herauskatapultiert. Es nimmt sie kaum noch jemand ernst. Was im Land Brandenburg übrigens auch für BVB/Freie Wähler zutrifft. Ob ihnen die "Orange" hilft, in den Landtag einzuziehen, ist fraglich.
Es gibt im Land Brandenburg keinen unabhängigen und von den jeweiligen Regierungsparteien akzeptierten demokratischen Diskurs, keine Denkfabriken oder dauerhaft bestehende Aktionsbündnisse, die es schaffen, in die Politik einzugreifen. Gab es sie, wurden sie entweder von der SPD vereinnahmt oder eliminiert. Wer sich im Land Brandenburg als Parteiloser mit klugen Ideen in den demokratischen Diskurs einbringen will, steht auf verlorenem Posten. Trotz aller wohltönenden Worte und Aufrufe, doch mehr Engagement zu zeigen. In dieser Hinsicht ähnelt die SPD in Brandenburg der SED. Menschen, die sich engagierten und Einfluss auf große Gruppen von Menschen hatten, wurden von letzterer bedrängt, Parteimitglied zu werden. Folgten sie dem, mussten sie sich der Parteidisziplin unterwerfen.
Die extreme Rechte hatte in der Geschichte Deutschlands bewiesen, dass sie nicht nur an der Machtausübung beteiligt wurde, sondern diese ganz allein ausüben konnte. Die Linke hatte das, mit Unterstützung durch die Besatzungsmacht Sowjetunion, auch 45 Jahre erleben können. Aber mit dem Ende der DDR und der Wiedervereinigung Deutschlands haben linke Projekte keinen Rückhalt mehr in größeren Teilen der Gesellschaft. Bei rechten und rechtsextremen Projekten sieht das anders aus. Kommen doch deren ideologischen und politischen Repräsentanten zumeist aus dem politischen Mainstream. Auch wenn dieser sie öffentlichkeitswirksam zu bekämpfen scheint. Aber das tat er schon immer.
Und dennoch hat der Rechtsextremismus in Deutschland nie an Attraktivität und Parteigängern verloren.
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