Direkte Demokratie lebt – trotz SPD
Die direkte Demokratie im Land Brandenburg lebt. Auch wenn die von der SPD geführte Landesregierung – mit Unterstützung ihrer jeweiligen Bündnispartner (insbesondere der Linkspartei) – seit über 30 Jahren bemüht ist, alle nicht von ihr ins Leben gerufenen, personell und finanziell von ihr kontrollierten Aktivitäten totzuschweigen, abzuwerten und finanziell nicht zu unterstützen. Der Umgang mit der von Parteien unabhängigen und direkt demokratisch geführten Ehrenamtlichen Geschichtsarbeit ist nur ein Beispiel. Aktueller Höhepunkt der von der Regierung geschaffenen Verhältnisse: Der von der SPD-Kulturministerin, Manja Schüle, sehr gut vorbereitete und über die Medien propagandistisch perfekt verbreitete Auftritt von Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Jugendgeschichtsmesse am 12. November 2022 im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) in Potsdam.
Der Bundeskanzler umringt von Jugendlichen, die ihm zwar keine Blumen überreichten (wie vor 1990 in Potsdam bei hohen Besuchen üblich), aber Selfies mit ihm machen konnten und Fragen stellen durften, das war die wichtigste bildlich, über die Medien verbreitete Information. Hervorgehoben wurde im beigefügten Text, dass es auf der diesjährigen (seit 2005 durchgeführten) Veranstaltung vor allem um die NS-Vergangenheit in Brandenburg und die Entwicklung rechter Gewalt ging. In den auf der Grundlage einer Pressemitteilung des Kulturministeriums verfassten Beiträgen stand aber nicht, dass die Landesregierung seit Jahrzehnten hier personell und finanziell eine üppige Unterstützung gewährt. Während sie breiter über diese Themen hinaus gehenden Bemühungen zur Aufarbeitung der Geschichte Brandenburgs eine jährliche Unterstützung von 100 000 EUR verweigert.
Auf Veranstaltungen der ehrenamtlich im Land Brandenburg tätigen Ortschronistinnen und Ortschronisten sowie Heimat- und Geschichtsvereine haben sich SPD-Kulturministerinnen nie sehen lassen. Dabei nahmen daran zwischen 2005 und 2019 kontinuierlich über 100 Personen teil, teilweise sogar über 200. Die jedes Jahr im Februar im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte veranstaltete „Potsdamer Geschichtsbörse“ konnte durchgängig die Fläche des HBPG mit Ausstellern füllen und zwischen 600 und 1 000 Besuchern innerhalb von sechs Stunden Veranstaltungsdauer registrieren. Obwohl in den Medien totgeschwiegen und in keiner Weise vom Kulturministerium unterstützt. Auch der immer eingeladene Landesjugendring, der die Jugendgeschichtsmesse organisiert, verweigerte sich einer Teilnahme.
Was war und ist die Ursache für die Ignoranz?
Das Netzwerk „Ehrenamtliche Geschichtsarbeit“, das auch die „Potsdamer Geschichtsbörse“ trug, wurde von unten her organisiert und betrachtete sich immer als überparteilich. Es widerstand allen Versuchen einer Vereinnahmung, von welcher Partei diese auch erfolgten. Das war vor allem der macht- und erfolggewohnten SPD-Parteibürokratie, die Probleme hatte mit Nichtbeachtung und fehlender Bereitschaft zur Unterwerfung, ein Dorn im Auge. Trotz alledem gibt es das Netzwerk seit nunmehr 18 Jahren.
Die ehrenamtlich im Land Brandenburg tätigen Geschichtsforscherinnen und Geschichtsforscher ließen und lassen trotz der fehlenden Unterstützung des Landes in ihrem Engagement nicht nach. Sie organisieren sich in den Orten, Ämtern und Landkreisen und führen örtlich bzw. regional Veranstaltungen durch. Die Medien nehmen davon kaum Notiz. Warum? Das kann sich niemand erklären. Ging und geht es doch bei vielen dieser Veranstaltungen auch darum, wie aus normalen und lediglich an einem ruhigen und gesicherten Leben interessierten Menschen Extremisten werden können und sich darauf aufbauend gleichartige Machtformen etablieren konnten.
Vermutlich liegt es daran, dass an diesen Veranstaltungen vor allem Menschen teilnehmen, die über Lebenserfahrung verfügen und Instrumentalisierungen durch Herrschende erleben mussten, dass sie sich solchen Aktionen – wie am 12. November mit dem Bundeskanzler inszeniert – verweigern.
Weitere Texte zum Auftritt des Bundeskanzlers in Potsdam sind unter diesem Link zu finden.
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