Woidke im 2. Wahlgang erfolgreich
Der bisherige Ministerpräsident Brandenburgs, Dietmar Woidke (SPD), ist auch der neue. Im 2. Wahlgang gaben ihm am 11. Dezember 50 Mitglieder des Landtages ihre Stimme. 45 hätte er benötigt. Diese Zahl konnte Woidke im ersten Wahlgang nicht erreichen. Wer sich aus seiner eigenen Partei oder beim BSW damit gegen ihn ausgesprochen hatte, ist nicht ermittelbar. Die Wahl verlief geheim.
Dietmar Woidke (SPD) und Robert Crumbach (BSW) im Gespräch nach dem ersten, nicht erfolgreichen Wahlgang. (Quelle: RBB, Foto: GMP)
Damit tritt Brandenburg in weitere fünf Jahre ein, in denen sich die Menschen von der Landespolitik nicht allzu viel erhoffen können und sollten. Die selbstgefällige Art und Weise des Regierens, wie sie für die SPD seit Jahrzehnten typisch ist und unter Woidke eine neue Qualität erreicht hatte, ist nicht geeignet, die Menschen für die Lösung der anstehenden Aufgaben zu mobilisieren. Obwohl der neue Ministerpräsident, sich vor der Landtagswahl eine Aufbruchstimmung gewünscht hatte, wie sie 1989 bestanden hatte, so war und ist er in Wahrheit gar nicht interessiert, dass sich die Menschen - ob als Einzelpersonen, Parteien oder Verbände - in seine Politikverwirklichung einmischen. Unabhängige sind ihm geheuer.
Interessant wird die anstehende Wahl der von SPD und BSW für die Übernahme von Ministerposten vorgeschlagenen Personen.
Wie auf der Seite des RBB zu lesen war, wurden die neuen Minister und Ministerinnen um 12:00 Uhr im Landtag vereidigt. Die Internetseite "katholisch.de" beklagte danach, dass nur vier Personen bei ihrer Vereidigung den freiwilligen Zusatz "So wahr mir Gott helfe" verwendet hätten.
12:00 Uhr: Nach der Wahl von Ministerpräsident Dietmar Woidke sind in Brandenburg die Ministerinnen und Minister des bundesweit ersten Kabinetts aus SPD und Bündnis Sahra Wagenknecht vereidigt worden.
Ministerpräsident: Dietmar Woidke (SPD) - Ministerpräsident seit 2013
Staatskanzlei: Kathrin Schneider (SPD) - seit 2019 Staatskanzleichefin
Inneres: Katrin Lange (SPD) - seit 2019 Finanzministerin, löst Michael Stübgen (CDU) ab
Wirtschaft: Daniel Keller (SPD) - zuletzt SPD-Fraktionschef
Bildung: Steffen Freiberg (SPD) - bisheriger und künftiger Bildungsminister
Justiz: Benjamin Grimm (SPD) - seit 2019 Staatssekretär in der Staatskanzlei, folgt auf Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU)
Wissenschaft/Kultur: Manja Schüle (SPD) - bleibt im Amt
Finanzen: Robert Crumbach (BSW) - vorher Arbeitsrichter
Verkehr: Detlef Tabbert (BSW) - folgt auf Rainer Genilke (CDU)
Gesundheit: Britta Müller (BSW) - leitete bisher Pflegekasse bei AOK Sachsen-Anhalt, wird Nachfolgerin von Ursula Nonnemacher (Grüne)
Nur die designierte Agrarministerin Hanka Mittelstädt (SPD) muss noch auf die Ernennungsurkunde warten, bis die finale Trennung vom eigenen Agrarbetrieb vollzogen ist. Die SPD besetzt insgesamt sechs Ministerien und die Staatskanzlei, das BSW drei.
Es handelt sich bei der neuen Regierung, wie selbst Moderatoren des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einschätzten, überwiegend um aus der SPD kommende bzw. ihr bis kürzlich angehörende oder ihr für den Nominierungsvorschlag dankbare Personen. Letztere Gruppe, nominiert als Staatssekretäre, verfügt entweder über ein Parteibuch der FDP oder der CDU.
Der von Dietmar Woidke nach seiner Wahl abgelegte Amtseid bindet ihn in seiner Amtsführung. Ist aber weit auslegbar. Es ist jedenfalls in 34 Jahren Amtsführung durch SPD-Ministerpräsidenten - Stolpe, Platzeck, Woidke - nie hinterfragt worden, ob diese auch entsprechend des von ihnen abgelegten Amtseids gehandelt haben.
„Ich schwöre, daß ich meine ganze Kraft dem Wohle der Menschen des Landes Brandenburg widmen, ihren Nutzen mehren, Schaden von ihnen wenden, das mir übertragene Amt nach bestem Wissen und Können unparteiisch verwalten, Verfassung und Gesetz wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“
Problematisch ist, dass die neue Regierung ihr Amt antritt, ohne zuvor eine ehrliche, sachliche und kritische Analyse der aktuellen Situation im Land Brandenburg vorgenommen zu haben. Selbstkritik ist für die SPD und ihre in hohen Ämtern agierenden Politiker und Politikerinnen nicht typisch. Somit bilden die im Koalitionsvertrag enthaltenen Formulierungen nicht die sich daraus ergebenden und zu bewältigenden Aufgaben ab.
Es ist auch nicht bekannt, ob die bislang für die SPD in der Regierung als Minister tätigen Personen eine realistische Einschätzung der Arbeit ihrer Ministerien vorgenommen haben.
Bezeichnend für das Innenverhältnis in der SPD ist die Beziehung zwischen Woidke und der wieder für das Amt nominierten Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD). Im April lautete eine Schlagzeile in den Medien "Woidke watscht Ministerin Schüle ab" (LR v. 25.4.2024) oder "Herr Woidke, das war peinlich" (Nordkurier v. 25.04.2024). Bis dahin als mögliche Nachfolgerin Woidkes in den Medien hochgeschrieben, wurde sie vom MP öffentlich gedemütigt. Auch im Wahlkampf setzten sich beide voneinander ab. Aber im Gegensatz zu Woidke holte sich Schüle in ihrem Wahlkreis das Direktmandat. Einen vorderen Platz auf der Landesliste hatte sie ausgeschlagen, begnügte sich mit Platz 32. Woidke dagegen, der sein Direktmandat an die AfD-Konkurrenz verlor, kam nur mithilfe seines ersten Platzes auf der SPD-Landesliste in den Landtag. Trotzdem, so der RBB immer wiederholend, soll er der beliebteste Politiker in Brandenburg sein.
Manja Schüle (links), alte und neue Wissenschaftsministerin Brandenburgs, neben Dietmar Woidke nach dem verlorenen ersten Wahlgang. (Quelle: RBB, Foto: GMP)
Woidke konnte das nicht ignorieren. Weshalb sie ihr Ministeramt behalten durfte. Nicht unbedingt zum Vorteil der von der SPD und besonders von Frau Schüle ignorierten Vertreterinnen und Vertreter der Kulturszene in Brandenburg.
Doch nicht nur Schüle wurde in Woidkes letzter Amtszeit gedemütigt. Ursula Nonnemacher und Axel Vogel (beide Bü90/Die Grünen) können darüber viel erzählen. Auch Vize-Ministerpräsident und Innenminister Michael Stübgen (CDU) kam nicht ohne Blessuren davon.
Zwei Nominierungen für Ministerämter fallen der SPD bereits beim Start der neuen Regierung auf die Füße. Daniel Keller, bislang SPD-Fraktionsvorsitzender und als Wirtschaftsminister nominiert, sieht sich Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft ausgesetzt. Der Vorwurf (nicht neu bei Politikern und -innen): Titelmissbrauch. Keller hat sich einen Abschluss als Bachelor zugelegt, ohne die Unterlagen dafür in den Händen zu halten. Die designierte Agraministerin Hanka Mittelstädt muss erst ihre bisherige Tätigkeit als Geschäftsführerin der "Ucker-Ei GmbH" aufgeben, bevor sie als Ministerin vereidigt werden kann.
Der politische Laie fragt sich natürlich: Warum wurden diese Probleme nicht vor der Nominierung besprochen und ausgeräumt? Oder sollte die Öffentlichkeit darüber getäuscht werden, dass es nicht gerade kleine Probleme in der Regierung gibt? Titelmissbrauch und Interessenkonflikt aus geschäftlicher Tätigkeit und Ministeramt! Ist es damit getan oder können wir noch andere Überraschungen erwarten?
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