Nicht der Inhalt ist wichtig, das Regieren
Mit 108 Ja-Stimmen und einer Enthaltung stimmten am 6. Dezember 2024 die Teilnehmer des SPD-Landesparteitages in Potsdam für die Koalition mit dem BSW und für den Koalitionsvertrag. Beim BSW sprachen sich am selben Tag, ebenfalls in Potsdam, alle 32 auf ihrem Parteitag anwesenden Personen dafür aus. Wie viele von ihnen den Koalitionsvertrag gelesen hatten, ist unbekannt. Ebenso wie viele den Inhalt begriffen.
Aber darauf kam es, wie bereits bei der Koalitionsbildung 2019, nicht an. Wichtig ist, die SPD ist weiter an der Macht. Mit wem auch immer. Und der Koalitionspartner? Das BSW ist der SPD dankbar, dass es mitregieren darf. Prinzipien, sofern sie dem hinderlich sind, wirft man über Bord. Doch wie sagte die Gründerin des Bündnisses, Sahra Wagenknecht, auf dem Parteitag, der Koalitionsvertrag trage "die deutliche Handschrift ihrer Partei". War das satirisch gemeint?
Denn dazu gehört also auch, was selbst einzelne BSW-Parteitags-Delegierte kritisierten, "dass die SPD und BSW Anträge anderer Fraktionen ablehnen sollen". Wäre das bei einer anderen Partei so in Richtung BSW geschehen, wäre Frau Dr. Wagenknecht wohl auf die Barrikaden gestiegen und würde dort heute noch gegen diese Frechheit kämpfen.
Die goldene ´Abend`-Sonne beleuchtet da einen Widerspruch, der keiner ist, und nur dem Glanz ihrer Logik entgeht es, daß man in der Demokratie sowohl die Partei zu wählen hat, der man angehört oder sich am verhältnismäßig nächsten weiß, als auch nach der Wahl darüber zu meditieren hat, mittels welcher Parteikombination für Volk und Menschheit, für alle ungerecht Unterdrückten, zum Beispiel für das Proletariat, am meisten herauszuholen sei.
Daß die maßgeblichen Instanzen der SPD den Teufel tun, darüber nachzudenken, sehen wir inzwischen so deutlich wie nie. Sie pfeifen auf Prinzipien, Forderungen, Ziele; und das einzige worauf sie nicht pfeifen, sind die Ministersessel. ...Nach leerer Macht zu streben, ist verächtlich.
Signatur der Lage: Moralisch reif für eine Koalitionspolitik sind in der deutschen SD vorerst ausschließlich die Gegner der Koalitionspolitik.
(Kurt Hiller, Goldene ´Abend`-Sonne. In: Die Weltbühne, Nr. 27 v. 3.7.1928, S. 9f.)
"Die Weltbühne" veröffentlichte viele Beiträge zur Situation in der Weimarer Republik, die 1:1 in die heutigen Veröffentlichungen übernommen werden könnten. Doch das wird nicht geschehen. Liegt doch der uns von den Regierenden für die Betrachtung der deutschen Geschichte vorgegebene offizielle Fokus auf der Zeit der Diktaturen (1933 bis 1945, 1949 bis 1989). Die Verantwortung der "Demokraten" und Opportunisten aller politischen Richtungen für deren Entstehen wird dabei ausgeblendet.
Das Ausblenden hat gerade heute Hochkonjunktur. Sind doch immer andere Schuld an Problemen, wenn es diese überhaupt gibt. Für sich selbst reklamiert man die Erfolge und beschränkt den historischen Gesichtskreis der Bewertung auf den aktuellen Zeitpunkt. Ein SED-Parteitagsdokument war konkreter in seinen Aussagen und teilweise auch spannender zu lesen, als der uns unterbreitete Koalitionsvertrag. Getoppt wird das nur noch von der Präsentation der künftigen Regierung.
Am 11. Dezember 2024 möchte sich diese durch den Landtag wählen lassen. Gewählt werden will auch der bisherige Ministerpräsident, Dietmar Woidke (SPD). Er strebt nichts anderes an, als wieder diesen Posten besetzen zu können. Dass er sich in den vergangenen fünf Jahren und besonders in den letzten Monaten nicht gerade als "Landesvater" geoutet hat, spielt dabei keine Rolle.
Mitmachen und dabei wieder einmal nachdenken
Es ist wichtig, dass sich möglichst viele Menschen in die Mitwirkung an der Machtausübung eingebunden fühlen. Wir leben in einer Demokratie. Und da ist es völlig normal, sich mit der Politik der Herrschenden zu befassen. Doch leider vergessen die mit der Machtausübung beschäftigten Damen und Herren, die Menschen zur Mitwirkung einzuladen, ihnen zuzuhören und die Vorschläge hinsichtlich einer zeitnahen Umsetzung zu prüfen.
Manchmal vergessen sie auch, was sie sich eigentlich als politischen Auftrag und als Ziel für ihr Handeln formuliert hatten.
Das werden wir ändern. Beginnend mit dem Koalitionsvertrag. Er liegt hier in einer Fassung vor, dass sich alle an einer Kommentierung interessierten Personen damit befassen können. Erste Kommentare sind schon enthalten. Es kann davon ausgegangen werden, dass die von den Bürgerinnen und Bürgern Brandenburgs kommentierte Fassung Beachtung findet.
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Das ist gelebte Demokratie!
Woidke im 2. Wahlgang erfolgreich
Der bisherige Ministerpräsident Brandenburgs, Dietmar Woidke (SPD), ist auch der neue. Im 2. Wahlgang gaben ihm am 11. Dezember 50 Mitglieder des Landtages ihre Stimme. 45 hätte er benötigt. Diese Zahl konnte Woidke im ersten Wahlgang nicht erreichen. Wer sich aus seiner eigenen Partei oder beim BSW damit gegen ihn ausgesprochen hatte, ist nicht ermittelbar. Die Wahl verlief geheim.
Dietmar Woidke (SPD) und Robert Crumbach (BSW) im Gespräch nach dem ersten, nicht erfolgreichen Wahlgang. (Quelle: RBB, Foto: GMP)
Damit tritt Brandenburg in weitere fünf Jahre ein, in denen sich die Menschen von der Landespolitik nicht allzu viel erhoffen können und sollten. Die selbstgefällige Art und Weise des Regierens, wie sie für die SPD seit Jahrzehnten typisch ist und unter Woidke eine neue Qualität erreicht hatte, ist nicht geeignet, die Menschen für die Lösung der anstehenden Aufgaben zu mobilisieren. Obwohl der neue Ministerpräsident, sich vor der Landtagswahl eine Aufbruchstimmung gewünscht hatte, wie sie 1989 bestanden hatte, so war und ist er in Wahrheit gar nicht interessiert, dass sich die Menschen - ob als Einzelpersonen, Parteien oder Verbände - in seine Politikverwirklichung einmischen. Unabhängige sind ihm geheuer.
Interessant wird die anstehende Wahl der von SPD und BSW für die Übernahme von Ministerposten vorgeschlagenen Personen.
Wie auf der Seite des RBB zu lesen war, wurden die neuen Minister und Ministerinnen um 12:00 Uhr im Landtag vereidigt. Die Internetseite "katholisch.de" beklagte danach, dass nur vier Personen bei ihrer Vereidigung den freiwilligen Zusatz "So wahr mir Gott helfe" verwendet hätten.
12:00 Uhr: Nach der Wahl von Ministerpräsident Dietmar Woidke sind in Brandenburg die Ministerinnen und Minister des bundesweit ersten Kabinetts aus SPD und Bündnis Sahra Wagenknecht vereidigt worden.
Ministerpräsident: Dietmar Woidke (SPD) - Ministerpräsident seit 2013
Staatskanzlei: Kathrin Schneider (SPD) - seit 2019 Staatskanzleichefin
Inneres: Katrin Lange (SPD) - seit 2019 Finanzministerin, löst Michael Stübgen (CDU) ab
Wirtschaft: Daniel Keller (SPD) - zuletzt SPD-Fraktionschef
Bildung: Steffen Freiberg (SPD) - bisheriger und künftiger Bildungsminister
Justiz: Benjamin Grimm (SPD) - seit 2019 Staatssekretär in der Staatskanzlei, folgt auf Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU)
Wissenschaft/Kultur: Manja Schüle (SPD) - bleibt im Amt
Finanzen: Robert Crumbach (BSW) - vorher Arbeitsrichter
Verkehr: Detlef Tabbert (BSW) - folgt auf Rainer Genilke (CDU)
Gesundheit: Britta Müller (BSW) - leitete bisher Pflegekasse bei AOK Sachsen-Anhalt, wird Nachfolgerin von Ursula Nonnemacher (Grüne)
Nur die designierte Agrarministerin Hanka Mittelstädt (SPD) muss noch auf die Ernennungsurkunde warten, bis die finale Trennung vom eigenen Agrarbetrieb vollzogen ist. Die SPD besetzt insgesamt sechs Ministerien und die Staatskanzlei, das BSW drei.
Es handelt sich bei der neuen Regierung, wie selbst Moderatoren des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einschätzten, überwiegend um aus der SPD kommende bzw. ihr bis kürzlich angehörende oder ihr für den Nominierungsvorschlag dankbare Personen. Letztere Gruppe, nominiert als Staatssekretäre, verfügt entweder über ein Parteibuch der FDP oder der CDU.
Der von Dietmar Woidke nach seiner Wahl abgelegte Amtseid bindet ihn in seiner Amtsführung. Ist aber weit auslegbar. Es ist jedenfalls in 34 Jahren Amtsführung durch SPD-Ministerpräsidenten - Stolpe, Platzeck, Woidke - nie hinterfragt worden, ob diese auch entsprechend des von ihnen abgelegten Amtseids gehandelt haben.
„Ich schwöre, daß ich meine ganze Kraft dem Wohle der Menschen des Landes Brandenburg widmen, ihren Nutzen mehren, Schaden von ihnen wenden, das mir übertragene Amt nach bestem Wissen und Können unparteiisch verwalten, Verfassung und Gesetz wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“
Problematisch ist, dass die neue Regierung ihr Amt antritt, ohne zuvor eine ehrliche, sachliche und kritische Analyse der aktuellen Situation im Land Brandenburg vorgenommen zu haben. Selbstkritik ist für die SPD und ihre in hohen Ämtern agierenden Politiker und Politikerinnen nicht typisch. Somit bilden die im Koalitionsvertrag enthaltenen Formulierungen nicht die sich daraus ergebenden und zu bewältigenden Aufgaben ab.
Es ist auch nicht bekannt, ob die bislang für die SPD in der Regierung als Minister tätigen Personen eine realistische Einschätzung der Arbeit ihrer Ministerien vorgenommen haben.
Bezeichnend für das Innenverhältnis in der SPD ist die Beziehung zwischen Woidke und der wieder für das Amt nominierten Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD). Im April lautete eine Schlagzeile in den Medien "Woidke watscht Ministerin Schüle ab" (LR v. 25.4.2024) oder "Herr Woidke, das war peinlich" (Nordkurier v. 25.04.2024). Bis dahin als mögliche Nachfolgerin Woidkes in den Medien hochgeschrieben, wurde sie vom MP öffentlich gedemütigt. Auch im Wahlkampf setzten sich beide voneinander ab. Aber im Gegensatz zu Woidke holte sich Schüle in ihrem Wahlkreis das Direktmandat. Einen vorderen Platz auf der Landesliste hatte sie ausgeschlagen, begnügte sich mit Platz 32. Woidke dagegen, der sein Direktmandat an die AfD-Konkurrenz verlor, kam nur mithilfe seines ersten Platzes auf der SPD-Landesliste in den Landtag. Trotzdem, so der RBB immer wiederholend, soll er der beliebteste Politiker in Brandenburg sein.
Manja Schüle (links), alte und neue Wissenschaftsministerin Brandenburgs, neben Dietmar Woidke nach dem verlorenen ersten Wahlgang. (Quelle: RBB, Foto: GMP)
Woidke konnte das nicht ignorieren. Weshalb sie ihr Ministeramt behalten durfte. Nicht unbedingt zum Vorteil der von der SPD und besonders von Frau Schüle ignorierten Vertreterinnen und Vertreter der Kulturszene in Brandenburg.
Doch nicht nur Schüle wurde in Woidkes letzter Amtszeit gedemütigt. Ursula Nonnemacher und Axel Vogel (beide Bü90/Die Grünen) können darüber viel erzählen. Auch Vize-Ministerpräsident und Innenminister Michael Stübgen (CDU) kam nicht ohne Blessuren davon.
Zwei Nominierungen für Ministerämter fallen der SPD bereits beim Start der neuen Regierung auf die Füße. Daniel Keller, bislang SPD-Fraktionsvorsitzender und als Wirtschaftsminister nominiert, sieht sich Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft ausgesetzt. Der Vorwurf (nicht neu bei Politikern und -innen): Titelmissbrauch. Keller hat sich einen Abschluss als Bachelor zugelegt, ohne die Unterlagen dafür in den Händen zu halten. Die designierte Agraministerin Hanka Mittelstädt muss erst ihre bisherige Tätigkeit als Geschäftsführerin der "Ucker-Ei GmbH" aufgeben, bevor sie als Ministerin vereidigt werden kann.
Der politische Laie fragt sich natürlich: Warum wurden diese Probleme nicht vor der Nominierung besprochen und ausgeräumt? Oder sollte die Öffentlichkeit darüber getäuscht werden, dass es nicht gerade kleine Probleme in der Regierung gibt? Titelmissbrauch und Interessenkonflikt aus geschäftlicher Tätigkeit und Ministeramt! Ist es damit getan oder können wir noch andere Überraschungen erwarten?
Ruinierer der Demokratie
1924 ist nicht 2024! 100 Jahre liegen dazwischen. Und doch! Die Zeiten ähneln sich. Die Wirtschaft trudelte nach dem verlorenen Krieg von einer Krise in die nächste. Das Geld wurde wertlos durch eine Hyperinflation. Die Siegermächte sahen nach und nach ein, dass sie Deutschland nicht nur ausbluten lassen durften. Wollten sie die Menschen nicht zu weiterer Aggressivität treiben. Aber es war zu spät! Radikale Splittergruppen weiteten ihren Einfluss aus, formierten sich in Parteien, die der Republik den Kampf ansagten. Von links und rechts.
Und die Republik? Keiner wusste, wer die wirklichen Republikaner waren. Und schon gar nicht, wer als wirklicher Demokrat bezeichnet werden konnte. Die Autoren der Zeitschrift "Die Weltbühne" und anderer linksdemokratischer Blätter schrieben sich die Finger wund, um jene, die sich als Demokraten empfanden, auf die heraufziehenden Gefahren aufmerksam zu machen. Nicht nur auf die von Extremrechts oder Extremlinks. Sondern vor allem auf die in der Republik selbst schlummernden: Vorbeiregieren an den Interessen der Menschen; selbstgefällige Politiker, die keinen Blick mehr für die Realität hatten; die Einteilung der Bevölkerung in zu beachtende, weil treu zu einer der demokratischen Parteien stehend, und die (meist die Mehrheit darstellend) zu keiner Partei tendierende. Letztere bekamen die Macht des Staates vor allem zu spüren, wenn dieser gegen Extremisten vorging. "Wo gehobelt wird, da fallen Späne." Ein beliebter Ausspruch damals. Und heute?
Um sein nacktes Leben, genommen bei einem mit Waffen ausgetragenen Einsatz der Staatsgewalt, braucht man aktuell nicht zu fürchten. Aber die vom Corona-Virus geprägten Jahre haben gezeigt, wie weit entfernt die Politik (noch immer) von der Achtung des Menschenlebens und der Menschen selbst ist. Unsinnige Ausgehverbote, Unterdrückung von Freude und Lebenslust, Bekämpfung jeglichen Widerstandes gegen staatliche Maßnahmen bis hin zur Erteilung von Berufsverbot, Zerstörung von Familienbindungen und Unmenschlichkeit gegenüber Dahinsiechenden, Sterbenden und Gestorbenen. Politiker, die damals entschieden, die Bevölkerung sei noch unmündig und deshalb mit Ihrer Hilfe vor sich selbst zu schützen. Ein damals sich verstärkendes Denken, das in dieser Form fortwirkt!
Eine enorme Gefahr für den Bestand der Demokratie!
Inhalt
1. Akt
Wahl Ministerpräsident
2. Akt
Wirtschaftsminister (?) Daniel Keller
3. Akt
Zukunftspläne des MP
4. Akt
Landeshaushalt 2025
Landtagstheater: 1. Akt
Dietmar Woidke ist nicht amüsiert. Er wurde zum Ministerpräsidenten von Brandenburg wiedergewählt. Doch die Wahl weist einen Makel auf. Aufgrund dessen und wenn er konsequent zu seinen Prinzipien gestanden hätte, wäre Woidke gut beraten gewesen, das Ergebnis nicht zu akzeptieren und eine Wiederholung der Abstimmung einzufordern.
Geplant war von der vor allem aus SPD-Abgeordneten und wenigen BSW-Mandatsträgern bestehenden Koalition, dass er nur mit deren Stimmen gewählt werde. Das wären maximal 46 Stimmen gewesen, eine ausreichende Mehrheit. Doch er erhielt im zweiten Wahlgang 50 Stimmen. Einzelne Abgeordnete der Opposition hatten sich erdreistet, für ihn zu votieren. Allein das war schon ein Skandal. Skandalöser wurde die Rätselei darüber, ob er in der geheimen Wahl Stimmen der AfD bekam oder von der CDU. Beide Chefs der Oppositionsfraktionen schlossen für ihre Abgeordneten aus, dass sie für Woidke gestimmt hätten und beschuldigten den jeweils anderen, unlautere Mittel angewendet zu haben.
Rätseln bei der SPD. Welcher Oppositionsabgeordnete hatte sich erdreistet, für die Wahl von Dietmar Woidke zum Ministerpräsidenten zu stimmen? (Quelle: RBB, Foto: GMP)
Wenn die überzähligen Stimmen weder von der AfD kamen noch von der CDU, wie kam dann das Zählergebnis zustande? Hätte ein Politiker der AfD zur Wahl gestanden und ein erfolgreiches Ergebnis unter Nutzung von Stimmen aus anderen Fraktionen erreicht, wäre seitens der SPD sofort und lautstark "Wahlfälschung" gerufen und eine Wiederholung eingeklagt worden. Doch in ihrem eigenen Fall ist die SPD immer leiser geworden und muss sich mit der für sie unangenehmen Frage auseinandersetzen: Wie gehen wir mit der Opposition um, die mitgeholfen hat, den SPD-Politiker Woidke ins Ministerpräsidentenamt zu hieven?
Steht doch in dem zwischen SPD und BSW ausgehandelten Koalitionsvertrag:
„Anträge und Initiativen anderer Fraktionen, Gruppen oder Abgeordneter werden grundsätzlich abgelehnt. Davon kann abgewichen werden, wenn im gegenseitigen Einvernehmen eine andere Vorgehensweise vereinbart wurde. Über Anträge zu Aktuellen Stunden informieren die Koalitionspartner sich rechtzeitig gegenseitig.“
Landtagstheater: 2. Akt
Nach Robert Habeck (Bü90/Die Grünen) in der Bundesregierung hat nun Brandenburg mit Daniel Keller (SPD) einen Wirtschaftsminister, an dessen Eignung für den Job man die größten Zweifel haben muss. Dabei geht es nicht nur um die fehlenden fachlichen Voraussetzungen - die lassen sich mithilfe der im Ministerium tätigen Mitarbeiter kompensieren -, sondern auch um die menschlichen. Wer sein Amt unter falschen Voraussetzungen antritt, muss nicht erwarten, dass man ihn ernst nimmt. Und genau das ist bei Keller der Fall. Eine von mehreren falschen Personalentscheidungen, Woidkes.
Daniel Keller behauptet, an der Fernuniversität Hagen den Studiengang Bachelor in Politikwissenschaft, Verwaltungswissenschaft und Soziologie belegt zu haben.
Die Fernuniversität Hagen gibt es. Sie bietet im Fernstudium Bachelorstudiengänge an. Dazu gehört der Studiengang, den Herr Keller absolviert haben will. Vermutlich schloss er sein Studium mit Ende des Sommersemesters 2024 ab. Im Verlauf des Studiums musste er 11 studienbegleitende Prüfungen ablegen. Erst nach deren erfolgreicher Bewältigung konnte er zur Bachelor-Abschlussarbeit zugelassen werden.
Hat Herr Keller diese Arbeit geschrieben und welches Thema bearbeitete er darin? Wurde die Bachelor-Abschlussarbeit beendet und zur Prüfung eingereicht? Erfolgte bei dieser Arbeit, unter Beachtung der besonderen Umstände des Studienverlaufs von Herrn Keller und mit Politikern gesammelter Erfahrungen, auch eine umfangreiche Prüfung auf mögliche Plagiate?
Derartige Fragen besitzen für Herrn Keller keine Relevanz. Ohne über das entsprechende Dokument zu verfügen, behauptet er stattdessen, sein Bachelor-Studium erfolgreich abgeschlossen zu haben.
In § 18 der Prüfungsordnung der Fernuniversität Hagen heißt es:
§ 18
Zeugnis
(1) Über die bestandene Prüfung zum Erwerb des Grades „Bachelor of Arts“ wird ein Zeugnis ausgestellt, das die einzelnen Noten der Prüfungen sowie der B.A.-Arbeit und die Gesamtnote enthält. Nicht benotete erfolgreich absolvierte Prüfungen werden mit dem Zusatz „bestanden“ ausgewiesen. Das Zeugnis ist von der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zu unterzeichnen und mit ihrem bzw. seinem Siegel zu versehen. Das Zeugnis nennt den Tag, an dem die letzte Prüfungsleistung erbracht worden ist.
(2) Das Zeugnis wird in deutscher Sprache ausgestellt.
(3) Ist eine Prüfung oder die B.A.-Arbeit zum Erwerb des Grades „Bachelor of Arts“ endgültig nicht bestanden oder gilt sie als endgültig nicht bestanden, so erteilt die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses der Kandidatin oder dem Kandidaten hierüber einen schriftlichen Bescheid. Dieser Bescheid ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.
(4) Hat die Kandidatin oder der Kandidat eine Prüfung zum Erwerb des Grades „Bachelor of Arts“ endgültig nicht bestanden, wird ihr oder ihm auf Antrag eine schriftliche Bescheinigung ausgestellt, die die erbrachten Prüfungsleistungen und deren Noten sowie die zum Bestehen der Prüfung noch fehlenden Prüfungsleistungen nennt und erkennen lässt, dass die Prüfung endgültig nicht bestanden ist.
Zu den Abschlussdokumenten für das Studium wird in dem Dokument festgehalten:
§ 19
Diploma Supplement
(1) Zusätzlich zum Zeugnis wird ein Diploma Supplement in deutscher und englischer Sprache ausgestellt. Das Diploma Supplement enthält die wesentlichen, dem Abschluss zugrunde liegenden Studieninhalte, den Studienverlauf, die mit dem Abschluss erworbenen Kompetenzen sowie Angaben zur verleihenden Hochschule.
(2) Das Diploma Supplement wird von der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses unterschrieben. Es trägt das Datum des Tages, an dem die letzte Prüfungsleistung erbracht wurde.
§ 20
Urkunde über die Verleihung des akademischen Grades „Bachelor of Arts“
(1) Gleichzeitig mit dem Zeugnis wird der Kandidatin oder dem Kandidaten die Urkunde über die Verleihung des akademischen Grades „Bachelor of Arts“ ausgehändigt.
(2) Die Urkunde wird in deutscher und in englischer Sprache ausgestellt.
(3) Die Urkunde wird von der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses und der Dekanin oder dem Dekan der Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften unterzeichnet und mit dem Siegel der Fakultät versehen.
Erst wenn die unter § 20 genannte Urkunde im Besitz des Absolventen ist, darf sich dieser mit dem entsprechenden akademischen Grad schmücken. Alles andere grenzt an Hochstapelei. Und damit haben wir es im Fall Keller offensichtlich zu tun. Sollte er die Urkunde bekommen, dann bedeutet das nicht, dass er von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf des missbräuchlichen Führens eines akademischen Titels rehabilitiert wird.
Ganz im Gegenteil:
Diesen Makel werden er und auch Ministerpräsident Woidke nicht mehr los. Woidke hätte ihn, in Kenntnis des bestehenden Mangels, nicht zum Minister ernennen dürfen. Und selbst bei Vorliegen des Abschlusses hätte Keller maximal Staatssekretär werden dürfen, um sich auf dieser Funktionsebene erst einmal Grundkenntnisse zum Profil eines Wirtschaftsministers anzueignen.
Angenommen, ein hochqualifizierter - aber parteiloser - Wirtschaftsexperte mit Erfahrungen in Deutschland und auf internationaler Ebene sowie mit Zugang zu verschiedensten Wirtschafts-Netzwerken hätte sich bei Woidke für die Tätigkeit des Wirtschaftsministers beworben. Wäre er genommen worden? Vermutlich nicht! Denn nicht die fachliche Eignung für das Amt würde vor allem den Ausschlag geben, sondern die Parteizugehörigkeit und Treue zur Partei.
Ein Matthias Platzeck, um nur ein Beispiel zu nennen, konnte trotz aller fachlichen Voraussetzungen in der Regierungshierarchie bis zum Ministerpräsidenten nur aufsteigen, nachdem ihn Rainer Speer überzeugt hatte, Mitglied der SPD zu werden.
Was die menschlichen Eigenschaften anbelangt, die Daniel Keller auszeichnen und für das Amt des Wirtschaftsministers als geeignet erscheinen lassen, so sind unter Google zahlreiche Belege aus seiner vorhergehenden politischen Tätigkeit zu finden. Höhepunkt war, als er die brandenburgische Bildungsministerin und Ehefrau von Bundeskanzler Scholz, Britta Ernst, im April 2023 zum Rücktritt zwang. Was damals wie ein Befreiungsschlag für die immer mehr unter Druck stehende SPD aussah, kann sich nun gegen die Partei und gegen den Strippenzieher Keller wenden.
Bis zum 17. Februar 2025 gab es keine Information, dass Daniel Keller von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen entlastet ist.
Brandenburgs Regierung arbeitet also weiter mit einem Wirtschaftsminister, der es mit der Wahrheit offensichtlich nicht so genau nimmt und gegen den die Staatsanwaltschaft wegen falscher Behauptungen ermittelt. Was mag das für die Demokratie in Brandenburg und für seine Wirtschaftspolitik bedeuten?
Landtagstheater: 3. Akt
Dietmar Woidke hat nicht richtig mit seiner neuen Regierungsarbeit begonnen, da wird schon wieder über seinen möglichen Rücktritt fabuliert und über potenzielle Nachfolgekandidaten. Anstatt sich der Fabuliererei zu verweigern, gibt der SPD-Politiker bereitwillig Auskunft.
„Ich bin jetzt 63. Solange ich gesund bleibe und die nötige Kraft habe, werde ich den Menschen in Brandenburg dienen.“
Er will den "Menschen in Brandenburg dienen". Welche meint er damit? Die Gesamtbevölkerung, also auch die Wählerinnen und Wähler der AfD, oder nur die ihm persönlich wohlgesonnenen?
„Gott sei Dank“, so Woidke, gebe es in der Brandenburger SPD viele Menschen, die für das Amt des Ministerpräsidenten infrage kämen. „Ich denke da nicht nur an Kabinettsmitglieder, sondern auch an unsere Landräte und Oberbürgermeister.“
Hinsichtlich der Oberbürgermeister muss er sich wohl vertan haben. Oder zählt er noch den Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert dazu, der aktuell nicht gerade der Vorzeige-OB ist? Und ob er die nächsten Wochen im Amt übersteht, ist noch fraglich. Auch wenn sich die Potsdamer-SPD gerade hinter ihn stellt. Aber das ist allein der Tatsache geschuldet, dass die SPD Potsdam bei der Neuwahl eines Oberbürgermeisters verlieren könnte. Frankfurt/Oder hat einen parteilosen OB. Bleibt also nur noch der von Cottbus. Und so lange amtiert der auch noch nicht.
Zudem hat Woidke bei Personalfragen nicht unbedingt eine glückliche Hand, wie die Personalie Daniel Keller (siehe 2. Akt) zeigt.
Wie die erste Sitzung der neuen Regierung aus SPD und Anhängsel BSW gelaufen ist, davon erfährt Brandenburgs Wählerschaft nichts. Dafür aus der Terminliste der Staatskanzlei für die Presse, welche Weihnachtsbesuche der Ministerpräsident und andere Vertreter der Landesregierung absolvieren.
Wie sagten mir Politiker schon vor etlichen Jahren:
Wenn die Presse nicht dabei ist und es kein Foto gibt, auf dem ich zu sehen bin, dann ist das für mich ein vergeudeter Termin.
In diesem Sinne:
FROHE WEIHNACHTEN!!
Landtagstheater: 4. Akt
"Es wird keinen Sparhaushalt geben, aber einen Haushalt der wirtschafts- und finanzpolitischen Vernunft". .. Aber das insgesamt schwierige Umfeld macht es notwendig, sich auf Wesentliches zu konzentrieren."
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), LR v. 02.01.2025
"In den letzten fünf Jahren hat das Land auch deutlich mehr Geld ausgegeben, als einnahmemäßig zur Verfügung stand. Deutschland und auch Brandenburg befinden sich in einer sehr schwierigen Situation. Das zwingt zur politischen Prioritätensetzung."
Finanzminister Robert Crumbach (BSW), LR v. 02.01.2025
Das neue Jahr beginnt, wie das alte endete. Mit verbalen Verrenkungen der Politik, um dem Volk eine von ihr geschaffene prekäre Situation in etwas Positives umzudichten. Dietmar Woidke geht diesbezüglich in Brandenburg voran. Sein Co-Partner an der Landesspitze ist da schon etwas ehrlicher. Wobei er unterschlägt, dass die Situation Brandenburgs in der Koalitionsvereinbarung, im Vergleich zum restlichen Deutschland, positiver beschrieben wurde. Wie auch im Wahlprogramm der SPD.
Crumbach geht davon aus, "dass wir schwere Verhandlungen haben werden". Das ist nichts Neues. Allen vorherigen Haushaltsberatungen wurde diese Aussage vorangestellt. Doch was kann der BSW-Politiker, der unbedingt den Posten des Finanzministers haben wollte, der Bevölkerung Brandenburgs an positiven Aussagen bieten? Vermutlich nichts. Obwohl er, wie auch die Leserschaft der "Lausitzer Rundschau" zu lesen bekam, in den Arbeitstagen zwischen Weihnachten und Neujahr seinen Nachholbedarf an finanzpolitischem Wissen verringern wollte.
Doch wie soll das geschehen, wenn die wichtigsten Dokumente für eine solide Haushaltsaufstellung fehlen?
An erster Stelle wäre die sachliche und wirklich ehrliche Analyse der Situation in Brandenburg zu nennen und die sich daraus für das Finanzministerium ergebenden Aufgaben. An zweiter Stelle steht die Evaluation sämtlicher Positionen des letzten Haushalts unter dem Gesichtspunkt: Was wurde ausgegeben und was wurde damit erreicht?
Das wäre die erste von jedem Ministerium, als Zuarbeit an den Finanzminister zu leistende Aufgabe gewesen. Doch weder die Analyse noch die Evaluation wird es geben. Stattdessen bekommt Crumbach von seinen Ministerkolleginnen bzw. -kollegen eine Abschrift des vorherigen Haushalts, in der es einzelne kosmetische Änderungen geben wird, um ihm "Sparwillen" glauben zu machen.
Damit ist schon vor Beginn der Haushaltsaufstellung zu erkennen, dass diese wieder einmal zu einer Farce verkommt. Sollte die Opposition möglicherweise darauf hinweisen, wird sie vermutlich den geballten argumentativen Gegenwind von SPD und BSW zu spüren bekommen.
Der Landeshaushalt 2023/24 unterteilte sich in das Haushaltsgesetz und 16 Einzelpläne. Jeder Einzelplan ist unterteilt in Einnahmen und Ausgaben. Die Brisanz liegt in der Auflistung der Ausgaben. Bei denen es Positionen geben kann, die so über die einzelnen Pläne verteilt sind, dass eine eindeutige Zuordnung und Gesamtübersicht über die auszugebenden Gelder nur wirklich versierten Finanzfachleuten möglich sind bzw. auffallen.
Nachfolgend sehen wir uns Einzelpläne genauer an.
Einzelplan 01 Landtag
Seit längerer Zeit in der Diskussion sind die Vielzahl von Beauftragten auf den unterschiedlichsten Verwaltungsebenen und die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Kosten. Eine grobe Zählung ergab, dass allein im Bereich der Landesregierung 115 Beauftragte tätig sind.
Über das Budget des Landtages finanziert werden:
Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur
1.509.200 Euro mussten im Jahr 2024 dafür aus dem Landeshaushalt aufgewendet werden. Warum es 35 Jahre nach dem Fall der Mauer noch eine extra Beauftragte geben muss, ist eine zu diskutierende Frage.
Die ihr zugeordneten Aufgabenfelder liegen auf dem Gebiet von Justiz, Soziales, Bildung und Wissenschaft. Dafür gibt es die entsprechenden Ministerien.
Polizeibeauftragte/r des Landes Brandenburg
Auch hier stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit. Wofür gibt es das Ministerium des Inneren, das für Polizeiangelegenheiten zuständig ist, sowie für rechtliche und soziale Belange darüber hinaus das Justizministerium sowie die entsprechenden Gewerkschaften?
479.100 Euro mussten im Jahr 2024 für diese Tätigkeit aufgewendet werden.
Noch nicht berücksichtigt ist hier der am 20. Juni 2024 ernannte Beauftragte zur Bekämpfung des Antisemitismus im Land Brandenburg. Seine Finanzierung ergibt sich aus dem Nachtragshaushalt. Es kann hier aber auch von einer Gesamtausgabe in Höhe von 400.000 Euro ausgegangen werden.
Die Ahndung antisemitischer Straftaten ist Aufgabe von Polizei und Justiz. Auch die Prävention fällt hier hinein, wie in Kultur, Wissenschaft und Bildung. Die Sinnhaftigkeit dieser Stelle stellt sich auch, geht man davon aus, dass rund 90 Prozent der Bevölkerung Brandenburgs nicht antisemitisch sind. Oder schätzt die Landesregierung die sie finanzierende Bevölkerung schlechter ein? Wenn ja, dann sollte sie das öffentlich machen und dafür Belege erbringen.
Aus dem Einzelplan 01 sind rund 2,5 Millionen Euro an Ausgaben neu zu durchdenken.
Einzelplan 02 Ministerpräsident und Staatskanzlei
Dieser enthält die Titelgruppe 66 "Förderung von Maßnahmen zur Entwicklung der demokratischen Kultur und zur Prävention von Gewalt und Fremdenfeindlichkeit" mit einem Jahresbudget in Höhe von 3.330.300 Euro
Weiterhin sind enthalten:
684 20 011 Zuschüsse an den Verein “Gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ in Höhe von insgesamt 441.000 Euro.
Zur Begründung heißt es: "Die Mittel sind für die institutionelle Förderung des Vereins “Gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ bestimmt. Der Verein unterstützt die Tätigkeit des Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit und übernimmt die Aufgaben einer Geschäftsstelle."
Sehr problematisch und wettbewerbsverzerrend ist die von der Koalition beschlossene Position:
685 10 772 Zuschüsse für die Förderung lokaljournalistischer Angebote in Höhe von 1.000.000 Euro.
Die Mittel sind zur Selbstbewirtschaftung durch die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) bestimmt.
Erläuterungen:
Die Ausgaben sind veranschlagt für die Förderung lokaljournalistischer Angebote in Brandenburg auf der Basis von § 8 Abs. 1 Nr. 12 des Staatsvertrages zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg im Bereich der Medien.
Die Titelgruppe 60 "Bürgerschaftliches Engagement/Ehrenamt" sollte man sich sehr genau ansehen. Den Ehrenamtlern selbst kommen die darin eingestellten Mittel direkt zugute. Es handelt sich um Mittel für die Selbstdarstellung der Landesregierung nach dem Motto "Seht mal, was wir alles für euch tun". Die 163.700 Euro ließen sich sinnvoller und vor allem nutzbringender für die Ehrenamtler einsetzen.
Die Titelgruppe 65 "Bündnis für Brandenburg" mit einem Jahresbudget von 890.000 Euro ist hinsichtlich ihres Nutzens für die Menschen in Brandenburg ebenfalls einer sehr genauen Prüfung zu unterziehen. An welche Personen und Gruppierungen fließt das Geld ganz konkret. Entsprechend der selbst gestellten Aufgabenstellung sollte es durch ein von allen Parteien unabhängiges, zivilgesellschaftliches Gremium unter Einbeziehung der breiten Öffentlichkeit verteilt werden.
Die Landesregierung formuliert als Grund für die Existenz dieses "Bündnisses" und für dessen Finanzierung:
"Das 2015 ins Leben gerufene “Bündnis für Brandenburg“ dient den zivilgesellschaftlichen und auch politischen Akteuren als Plattform (“Dach“) zur Bündelung der Arbeit von Initiativen bzw. von Konzepten und Bemühungen, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Weiterentwicklung des Gemeinwesens fördern. Dabei geht es um die Einbeziehung aller in Brandenburg lebenden Menschen. Um diesen “Weg zum ’Wir’“ bestreiten zu können, ist verstärkt die Förderung von Maßnahmen, die bspw. die Auseinandersetzung mit den demokratischen Werten und gesellschaftlichen Normen fokussieren, erforderlich. Gleichzeitig ist eine breite gesellschaftliche Auseinandersetzung zu der Frage, wie wir gemeinsam leben wollen, unerlässlich. Ins Zentrum rücken daher vermehrt auch Überlegungen zur zukünftigen Demokratieförderung sowie Maßnahmen, die die gesellschaftliche Teilhabe unterstützen.
Dementsprechend werden Ausgaben veranschlagt, insbesondere für:
- Kommunikation und öffentlichkeitswirksame Maßnahmen zur Unterstützung der gesellschaftlichen Einbeziehung aller in Brandenburg lebenden Menschen
- Förderung von zivilgesellschaftlichen Initiativen und Projekten; vor allem im Bereich soziale und politische Teilhabe sowie politische Bildung für Geflüchtete und die Aufnahmegesellschaft
- Konzeptionelle Maßnahmen zur Förderung der Demokratie und Teilhabe".
Die Titelgruppe 66 "Förderung von Maßnahmen zur Entwicklung der demokratischen Kultur und zur Prävention von Gewalt und Fremdenfeindlichkeit" ist verzichtbar. Sieht man sich vorstehend betrachteten Titelgruppen genauer an. In dem Zusammenhang stellt sich die Existenzberechtigung der damit durch das Land geförderten und vor allem der SPD nahestehenden Gruppierungen.
Veranschlagt werden die Ausgaben im Rahmen des Handlungskonzepts der Landesregierung “Tolerantes Brandenburg - für eine starke und lebendige Demokratie“ für eine demokratische Gesellschaft mit Zivilcourage gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit.
Dazu gehören insbesondere
- die Förderung der RAA Brandenburg,
- die Förderung des Mobilen Beratungsteams,
- die Förderung der Opferperspektive,
- die Förderung der Fachstelle Islam,
- die Förderung der Fachstelle Antisemitismus und
- die Förderung von Projekten im Sinne des Handlungskonzepts.
Wozu braucht man eine Fachstelle Antisemitismus und gleichzeitig einen Antisemitismusbeauftragten? Zumal es am Moses Mendelssohn Zentrum in Potsdam die Emil Julius Gumbel Forschungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus (EJGF) gibt.
Oder geht die Landesregierung davon aus, dass im Land Brandenburg überproportional viele Antisemiten leben, die derartige Maßnahmen rechtfertigen? Erfahrungen aus über 20 Jahren Arbeit mit zehntausend über das ganze Land Brandenburg verteilt lebenden Männern und Frauen kommen zu einem anderen Ergebnis. Danach sind 90 Prozent der Bevölkerung Brandenburgs weder Antisemiten noch antidemokratisch eingestellt!
Zieht man die vorstehend aufgeführten Ausgaben aus dem Einzelplan 02 zusammen, ergibt sich eine Summe in Höhe von 5.825.000 Euro, die hinsichtlich ihrer Verteilung unbedingt einer Evaluierung unterzogen werden muß. Dies wäre keine gegen die Demokratie und gegen den Zusammenhalt der Menschen in Brandenburg gerichtete Maßnahme, sondern eher eine die Demokratie wirklich fördernde und jegliche Form von Extremismus präventiv bekämpfende und damit unbedingt erforderliche.
Einzelplan 03 Ministerium des Innern und Kommunales.
Finanziell, personell und inhaltlich gestärkt werden könnte damit etwa der Landespräventionsrat (LPR). Dessen Finanzierung ist Bestandteil des Einzelplanes 03.
Der LPR fördert kriminalpräventive Projekte zwecks Zurückdrängung von Kinder- und Jugendkriminalität, insbesondere Gewaltdelinquenz, Prävention von Drogenkriminalität, Prävention von politischem Extremismus und Wertevermittlung, Bekämpfung von Opferentstehungsprozessen, Opferschutz und Opferhilfe und Stärkung von Präventionsaktivitäten auf kommunaler und regionaler Ebene. (S. 24)
In der Haushaltsgruppe 5 sind unter 53610 0047 im Einzelplan 03 die Ausgaben für den Verfassungsschutz eingestellt. Es handelt sich dabei um Ausgaben in Höhe von 2.000.000 Euro jährlich. Diese werden zur Aufdeckung bzw. Bekämpfung extremistischer und "demokratiefeindlicher" Aktivitäten verwendet. Also, Aufgaben, die auch die im Einzelplan 02 aufgelisteten und mit Steuergeld versorgten Gruppierungen bewältigen sollen.
"Aus den Mitteln dürfen auch Personalausgaben zum Zwecke der Nachrichtenbeschaffung geleistet werden." (Einzelplan 03, S. 24)
Einzelplan 04 Ministerium der Justiz
Dieser Plan enthält zwei Ausgaben, die mit der Zielstellung Prävention und Demokratiesicherung hinsichtlich der Zuordnung der Mittel neu überdacht werden sollten.
Es geht hierbei um jährliche Ausgaben in Höhe von insgesamt 702.300 Euro. Konkret handelt es sich um Ausgaben für den Rechtskundeunterricht an Schulen in Höhe von 8.000 Euro (S. 78) und für Opferberatung bzw. Täter-Opfer-Ausgleich in Höhe von 694.300 Euro für das Jahr 2024 (S. 137).
Zwischenfazit:
Allein nach der Sichtung von vier Einzelplänen ergibt sich eine Summe von 11.027.300 Euro, die der BSW-Finanzminister Robert Crumbach evaluieren lassen müsste.
Wie hoch würde die Summe sein, sieht man sich alle Einzelpläne genauer an?
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