Zbigniew Czarnuch - Nachruf auf einen einfühlsamen und engagierten Menschen
Am 22. September 2024 verstarb in Witnica (Polen) im Alter von 94 Jahren der Historiker Zbigniew Czarnuch. Die Ehrenamtliche Geschichtsarbeit im Land Brandenburg und in der Wojewodschaft Lubuskie erleidet mit seinem Tod einen großen, unersetzbaren Verlust. Zbigniew war Fachwissenschaftler und zugleich engagierter sowie uneigennütziger Förderer der ehrenamtlich betriebenen Lokal- und Regionalgeschichtsforschung. Er hatte stets ein offenes Ohr für an ihn heran getragene Anliegen und scheute bis ins hohe Alter keine Mühen, sein Wissen in der Öffentlichkeit vorzustellen und mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Die ehrenamtlichen Geschichtsforscher von Lubuskie konnten sich glücklich schätzen, einen solchen Menschen in ihren Reihen zu haben. In Brandenburg ist uns das leider nicht vergönnt.
2005 kamen wir miteinander in Kontakt. Als ich ihn anschrieb, nach dem Erfolg der 1. Potsdamer Geschichtsbörse und in dem Bemühen, die Teilnehmerliste auch auf die benachbarte polnische Wojewodschaft Lubuskie zu erweitern. Zbigniew reagierte sofort und unkompliziert. Ab 2006 war er auf jeder Geschichtsbörse in Potsdam mit einem Stand vertreten. Mal allein, mal zusammen mit der Gesellschaft der Regionalhistoriker aus Zielona Góra (Stowarzyszenie Regionalistów Srodkowe Nadodrze, Zielona Góra). Die 9. Potsdamer Geschichtsbörse am 24. Februar 2013 stand unter der Überschrift "Deutsch-polnische Nachbarschaft im Dialog der Generationen". Zbigniew Czarnuch sprach im Vortragsprogramm über seine "Kindheit im Angesicht von Grenzen". Er war zu diesem Zeitpunkt 83 Jahre alt.
Um nach Potsdam zu kommen und dort an einer Veranstaltung teilzunehmen, die von 10 bis 16 Uhr dauerte, mussten er und seine Mitstreiter aus Lubuskie mitunter einen entbehrungsreichen Weg zurücklegen. Schnee und Kälte behinderten An- und Rückfahrt. Dennoch kehrten sie nie um. Zu wichtig war ihnen der Kontakt mit den deutschen Nachbarn in Brandenburg. Doch wie kamen ihnen diese entgegen? Die einfachen Historikerinnen und Historiker Brandenburgs mit großer Herzlichkeit und entgegenkommend. Die offizielle Seite, d.h. das Kulturministerium, nicht mit offenen Armen. Finanzielle Hilfe für die Begleichung der Fahrtkosten oder als Honorar für den Vortrag mussten regelrecht erbettelt werden oder wurde schlichtweg nicht gewährt. Für mich als Organisator der Potsdamer Geschichtsbörse war das stets eine unangenehme Situation. Zuweilen griff ich in die eigene Tasche, um die Peinlichkeit nicht zu groß werden zu lassen.
Wir waren uns sympathisch, Zbigniew und seine Historikerkollegen aus Lubuskie einerseits und ich andererseits. Sonst wären sie nicht jedes Jahr nach Potsdam gekommen. Was übrigens auch auf alle anderen an der Geschichtsbörse beteiligten Personen aus Brandenburg zutraf. Corona und finanzielle Probleme auf der polnischen Seite bereiteten schließlich unserer Zusammenarbeit auf der Geschichtsbörse ein Ende. Versuche, die Kontakte zu reaktivieren und in für beide Seiten fruchtbare Bahnen zu lenken, fanden im Kulturministerium kein Gehör.
Nun weilt Zbigniew Czarnuch nicht mehr unter uns. In Nachrufen wird er aktuell auch auf deutscher Seite gewürdigt. Das ist schon sehr viel wert. Viele ehrenamtliche Geschichtsforscher/innen in Brandenburg hatten und haben nicht das Glück. Doch wie nachhaltig wird die Erinnerung an Zbigniew sein und vor allem, wie wird die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen deutschen und polnischen Regionalhistorikern ohne ihn aussehen?
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